1900. Hinter der Saga.
Mit 25 Kapiteln, einer Laufzeit von rund fünf Stunden, einer Produktionszeit von 10 Monaten, rund 80 integrierten Musikstücken und mehr als 140 verarbeiteten Tonspuren ist 1900 die bislang aufwändigste Einzelproduktion innerhalb des keckecasts.
Die Szenen aus 1900
In 24 Kapiteln und rund fünf Stunden Laufzeit gibt es zahlreiche einprägsame Szenen. Zwei Männer beim Kartenspiel. Eine alte Indianerin im Hafen. Eine Sternwarte in Harvard. Hat alles genau so stattgefunden?
Ein Panorama mit über 50 Figuren
1900, das Panorama der Jahrhundertwende, lebt von seinen Figuren. In 24 Kapiteln tauchen insgesamt etwa 50 Charaktere auf, deren Geschichte mal kürzer, mal länger erzählt wird. Dabei hat jede Staffel zumindest sechs oder sieben Hauptfiguren, manche Personen, erscheinen nur sehr kurz.
Das Konzept, die Dramaturgie und der gesamte Text stammen von Carsten Schwecke. Die Grundlage hierfür bilden eigene Recherchen, Bücher, Artikel. Dokumentarfilme oder andere Podcasts.
In der Regel wird der Lebenslauf einer Figur in wesentliche Abschnitte oder Ereignisse gegliedert, die dann auf Basis historischer Fakten nacherzählt werden.
So kommt zustande, dass jede Hauptfigur in meist drei bis fünf Abschnitten, zuweilen über mehrere Kapitel verteilt, erzählt werden.
Neben diesem deskriptiven Teil gibt es natürlich auch Szenen oder Ereignisse, von denen sicher angenommen werden kann, dass sie so oder so ähnlich stattgefunden haben – die jedoch nach den zur Verfügung stehenden Quellen nicht klar dokumentiert sind. In diesem Fall wird auf das Stilmittel einer szenischen Erzählung zurückgegriffen, die die Vorstellung bemüht, wie es hätte sein können.
Ein Spaziergang 1896
Erfunden ist zum Beispiel der Spaziergang von Michael Kohn alias Martin Couney über die Berliner Gewerbeausstellung in der zweiten Staffel, und damit auch, dass er an dem Tag stattfand, an dem auch August von Parseval dort weilte, um dem Vortrag von Otto Lilienthal zu lauschen. Die Fakten hierzu sind jedoch, dass Michael Kohn tatsächlich auf dieser Ausstellung arbeitete und eine erste Inkubatoren-Show zeigte. Und auch, dass Otto Lilienthal dort einen Vortrag an besagtem Juni-Tag hielt. Ob die Wege der beiden Männer sich jedoch wirklich gekreuzt haben, und ob Kohn tatsächlich einer Mutter, die ihr Kind in der Ausstellung zeigen ließ, folgte, bleibt der Phantasie überlassen.
Künstlerische Freiheit
Ein anderes Beispiel: Es ist verbrieft, dass Edward Curtis in Staffel 3 sich tatsächlich auf einen Tipp des US-Präsidenten an einen der Tycoone der Zeit wandte, Morgan Stanley, um sein Fotoprojekt zu finanzieren. Ob das erste Gespräch der beiden aber tatsächlich im heißen New Yorker Sommer und in tiefen Ledersesseln stattfand, kann nur angenommen werden. Oder: Am Ende von Staffel 1 bekommt Elisabeth Magie Besuch von einem Vertreter der Firma Parker, um ihr das Patent für das von ihr erfundene Gesellschaftsspiel abzukaufen. Ob es diesen Besuch gab, oder sich die Firma einfach per Brief an sie wandte, ist nicht klar.
Also: Die historischen Fakten zu den Figuren stimmen präzise. Aber bei einigen Szenen, die einfach das Erzählen wert waren, kam die berühmte künstlerische Freiheit zur Anwendung.
Die Musik aus 1900
Rund 80 verschiedene Stücke aus den letzten 100 Jahren verhelfen der Jahrhundert-Saga zu einem einmaligen Klang. Ein großer Teil davon stammt von einem polnischen Filmkomponisten.
Das Leitmotiv von Abel Korzeniowski
Abel Korzeniowski hypnotische Melodie „Dance for Me Wallis“ ist das Titelstück der Jahrhundert-Saga, das die Mehrzahl der Kapitel einleitet. In Kapitel 13 (Folge 75) ist erstmals eine Piano-Version davon zu hören. „Dance for Me Wallis“ entstammt dem Kinofilm „W.E.“ aus dem Jahr 2011, der unter der künstlerischen Leitung von Madonna die Geschichte der Liebe des britischen Königs Edward VIII. und seiner bürgerlichen, amerikanischen Frau Wallis Simpson erzählt, die mit dem Verzicht auf den Thron endet.
Erste Staffel
In der ersten Staffel von 1900, den Kapiteln 01 bis 08, finden, neben zahlreichen zeitgenössischen Musikstücke
ken u.a. von Scott Joplin, insgesamt neun Tracks aus dem Original Score von „W.E.“ Verwendung. „I Will Follow You“ wird dabei als Leitmotiv der amerikanischen Erfinderin Elisabeth Magie eingesetzt, „Abdication“ untermalt den Lebensweg von Claus Spreckels und der Auseinandersetzung um die Seele des Kapitalismus. Für die großen Künstlerfiguren dieser ersten Staffel, William Nicholson und Georges Méliès, werden „Ducchess of Windsor“, „Charme“, „Revolving Door“ und immer wieder „Letters“ eingesetzt. Das melancholische „Six Hours“ bezeichnet die tragische Geschichte von Oscar Wilde, während ein Ausschnitt aus „Brooklyn Faces“ für Aufbruch und Neubeginn, hier die Ausbreitung des Schienenverkehrs, steht.
Mit der zweiten Staffel, den Kapiteln 09 bis 16, erfährt dieser Kanon eine Ergänzung um weitere Musikstücke des gebürtigen Polen Korzeniowski, die aus verschiedenen Werken für Kino und Fernsehen stammen. So werden die Stücke „There is A Place“ (für Martin Couneys Geschichte), „Snow“ und „Mescaline“ (August von Parseval), „Solitary Woman“ und „Mothers“ (Hilma af Klint) eingesetzt, die aus Korzeniowski Arbeiten für die Filme „A Single Man“, „Nocturnal Animals“ und „Romeo & Julia“ stammen.
Eine Melodie für die Sternenschauerin
Im Zentrum dieser Geschichte über Forschung und Wissenschaft der Jahrhundertwende, steht jedoch eine Melodie, die aus seiner langjährigen Orchestrierung der preisgekrönten Fernsehserie „Penny Dreadful“ entstammt. In verschiedenen Variationen und Tempi, die Stücke heiße „Never say No“, „Closer than Sisters“, „In Peace“ und „Be True“, begleiten sie die Lebensgeschichte eines zentralen Charakters, der Sternenforscherin Willamina Fleming.
Auch in der kommenden dritten Staffel, den finalen Kapiteln bis 24, werden Arbeiten Abel Korzeniowskis ein wesentliches Gestaltungselement sein. Hierfür werden rneut Tracks aus den Scores zu „W.E.“, „Penny Dreadful“, aber auch separate Kompositionen des heute in Kalifornien lebenden Musikers wie „Danube“ eingesetzt.
Weitere Musik und Modernes
Abel Korzeniowskis Werk ist der zentrale musikalische Bestandteil der Jahrhundert-Saga. Hinzu kommen bislang 35 (Kapitel 01-16) weitere Tracks. Einige sind den Soundtracks anderer Filme und Serien entliehen, zum Beispiel „Solaris“, „The Revenant“, „The Great Gatsby“ und „The Underground Railway“.
Andere sind freie, aber moderne, jedoch an die Zeit angelehnte Kompositionen wie das „Paris“-Thema von Lisa Batiashvili oder „Absynth“ von Eric Babak. Immer wieder finden auch Stücke Verwendung, die sowohl in der Klassik als auch der populären Musik der Jahrhundertwende ihren Ursprung haben. Hierzu zählen Stravinskys „Sacre du Printemps“, Strauss´“Also sprach Zarathustra“, aber auch Schlager wie „The Moon Has it´s Eyes on You“, „Sunflower Slow Drag“ oder „Lottchens Abendpolka“.
Abgerundet wird jede Staffel durch einen modernen Song, der nur jeweils ganz am Ende, bei den Credits, eingesetzt wird. Für die ersten acht Kapitel wurde dafür Lana del Reys „Old Money“ gewählt. Am Ende der zweiten Staffel ist „The Moon Song“ von Karen O („HER“) zu hören.
Playlist bei Spotify
Alle Musikstücke, die in 1900 integriert wurden, sind bei Spotify in einer öffentlichen Playlist hinterlegt, die „keckecast 1900“ heißt.
Die Farben aus 1900
Von metallischem Grün über ein gedecktes Rosé bis zu einem leuchtenden Blau: Die Leitfarben der drei Staffeln sind nicht zufällig gewählt.
Staffel 1: Paris-Grün
Hinter der glänzenden Fassade des Kapitalismus, seinen wachsenden Bürotürmen und der schillernden, gerade erst entstehenden Konsumwelt, verbirgt sich etwas Toxisches: Rechtelose Frauen, eine überbordende Steuer- und Zollpolitik, eine in Armut diffundierte Arbeiterschaft.
Genau deshalb ist „Paris-Grün“ die ideale Farbe für die ersten acht Folgen der Jahrhundert-Saga, die den Kampf um die Seele des Kapitalismus in den Mittepunkt stellt. Denn „Paris-Grün“ ist schön, aber giftig. Entdeckt wurde sie schon 1805 in Österreich, und zwar von Ignaz von Mitis, weswegen einer der über 80 Namen, diesen Farbton zu bezeichnen, „Miltis-Grün“ heißt. Auch die Produktionsorte führten zu Benennungen, etwa „Schweinfurter Grün“ oder „Kirchberger Grün“.
Diese besondere Farbe, die schon ab Ende der 1830er Jahre als gesundheitsgefährdend galt, ist ein Doppelsalz, das Kupfer, Arsen und das Anion der Essigsäure enthält. Die chemische Formel wird mit Cu(CH3COO)2 · 3 Cu(AsO2)2 angegeben. Sie hat also eindeutig eine tödliche Wirkung, einige Historiker bringen sie sogar mit dem Tod Napoleons 1821 auf Skt. Helena in Verbindung.
Verboten wurde sie jedoch erst 1882, was wiederrum einen Gentleman auf der britischen Insel dazu inspirierte, sie als veritables Mordinstrument zu nutzen. In einem seiner zahlreichen Fälle ermittelt Sherlock Holmes zu einer Mordserie, bei der die Stützen der Gesellschaft mit grüner Farbe im Gesicht de fakto vergiftet werden. Auch der berühmte Ermittler aus der Feder von Sir Arthur Conan Doyle taucht in den ersten Kapiteln immer wieder auf, was diesen einmaligen Grün-Ton umso mehr zu perfekten Farbwahl für die erste Staffel der Jahrhundert-Saga macht.
Staffel 2: Jugendstil-Rosa
Die Leitfarbe der zweiten Staffel, also der Kapitel 09-16, ist da etwas gefälliger – und weniger tödlich. Den Rosa-Ton, der für Pablo Picasso eine ganze Periode bezeichnen wird, bringt der Maler aus Spanien mit, wohin er eine Reise zwecks Läuterung vom Pariser Kunst-Circus und Inspiration, unternommen hat, und 1905 mit eben dieser Farbe in seine Künstlergruppe zurückkehrt. Diese spielt zu Beginn der zweiten Staffel eine entscheidende Rolle, denn sie dominiert das Kunstverständnis der Pariser und ist der Gegenpol zu dem nicht mehr ganz so jungen Piet Mondrian, der in die französische Hauptstadt kommt, um die Kunst gleich ganz neu zu erfinden.
Fast unabhängig davon entwickelt sich dieses zarte, etwa schmutzige Rosé zum unverzichtbaren Bestandteil in der Farbgestaltung des Jugendstils, einer Kunstbewegung, die um die Jahrhundertwende in deutschsprachigen Städten wie Berlin, München oder Wien im wahrsten Sinne Blüten treibt. Der gesamte Vorspann von 1900 ist ebenfalls an den Jugendstil angelehnt.
Mit Charakteren wie August von Parseval, Michael Kohn alias Michael Couney oder Friedrich Löffler – später Karl May, Isabelle Eberhardt oder Victor Lustig – rückt der Mittelpunkt der Handlung zurück nach Deutschland – wo ein Rosa-Ton aus dem Jugendstil Erfolge feiert und bald über einen jungen Spanier gesprochen wird, dessen rosa Periode soeben erst begonnen hat.
Staffel 3: Bleu Majorelle
Ganz klar: Das leuchtende Blau, das die dritte Staffel, Folgen 17-24 überstrahlt, ist einmalig und es stammt aus dem Norden Afrikas. Benannt ist es nach dem Mann, dessen Geschichte darin erzählt wird: Jacques Majorelle. Er gehört zu jenen Figuren der finalen acht Folgen, die der Faszination des Orients erlegen sind. Sein „Bleu Majorelle“ ist ein Ausdruck dieser Leidenschaft, die es vermocht hat, einen ganzen Garten damit zu gestalten. Der „Jardin Majorelle“ in Marrakech, in den 1920er Jahren angelegt und bis heute weltberühmt, gehört zu den magischen Orten, an die die dritte Staffel führt. Die Faszination des Fremden und die Frage nach der Identität des modernen Menschen sind die Leitthemen dieser acht Kapitel, ausgedrückt im leuchtenden Ton des Orients.
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ohne diese Geschichte"
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Fortsetzungsroman"
Feedback
Du siehst heute wirklich bezaubernd aus.
Siehst du, Feedback kann etwas sehr Schönes sein. Jedenfalls Danke für Deine Rückmeldung und noch viel Freude beim keckecast.
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