
Marie wird in eine Familie von Henkern geboren.
Ihr Weg führt sie mitten hinein in eine Revolution.
Aus einem Funken wird ein Brand. Aus einem Feuer werden viele.
Flammen erhellen die Nacht, an deren Ende ein neues Zeitalter beginnt.
veille ist die wahre Geschichte einer Legende am Vorabend der Französischen Revolution. In 5 Teilen erzählt von Carsten Schwecke. Mit der Musik von Nicholas Britell.
Worum geht es?
In diesem Making of werden die wichtigsten Fragen rund um die neue Serie im keckecast beantwortet. Wie ist die Geschichte strukturiert? Was steckt dahinter? Welche Musik wurde ausgesucht? Eine kleine Einführung zu dieser spektakulären Erzählung am Vorabend der Französischen Revolution.
#104
Veröffentlicht: 11.07.2022
Länge: 7:36

In der französischen Provinz geht das Grauen um. Mädchen, Jungen, auch Erwachsene, werden von einer Bestie zerstückelt, die in den Wäldern zu hausen scheint. Der König aus dem fernen Paris sendet seine besten Jäger - die einer nach dem anderen scheitern. Auf der anderen Seite des Königreiches wächst derweil ein Mädchen heran, deren Zukunft vorbestimmt zu sein scheint. Geboren wird sie in einen Haushalt von Henkern.
#105
Veröffentlicht: 14.07.2022
Länge: 13:26
Text: Carsten Schwecke
Musik: Nicholas Britell

Der Zahn des Raubtiers
„In meiner Nase ist Feuer entbrannt. / Es lodert bis in die unterste Totenwelt, / verzehrt die Erde und was auf ihr wächst / und schmilzt die Fundamente der Berge.
Immer neue Not bürde ich ihnen auf, / ich setze gegen sie alle meine Pfeile ein. Sie werden ausgemergelt durch den Hunger, / verzehrt durch die Pest und die verheerende Seuche. / Den Zahn der Raubtiere lasse ich auf sie los, / dazu das Gift der im Staube Kriechenden.“
So heißt es im Deuteronomium. Kunstvoll legt der Bischof von Mende eine Pause ein. Blickt streng über die Hunderten, die in seinem Kirchenschiff kauern. Köpfen zwischen Ozeanen der Dunkelheit.
Dann setzt er nach: „Euer Unglück, so versteht doch, ist aus euren Sünden entstanden“.
Die Strafe Gottes hat einen ganzen Landstrich und seine Bevölkerung getroffen. Das Gévaudan, im Zentralmassiv, eine Gegend mit schroffen, steilen Hängen, dichten Wäldern, tückischen Sümpfen. Die Menschen hier bewirtschaften Höfe, leben von Schafen und Rindern, die anderen gehören, Feudalherren. Doch selbst bis hier, weit weg von der Hauptstadt, haben es die Ideen der Aufklärung geschafft. Nach ersten Aufständen gegen die Kirche, gegen den Adel, gegen die Landbesitzer, haben die Bauern ihre Waffen abgeben müssen. Gegenüber allem, was jetzt kommt, bleiben sie schutzlos zurück.
Seit dem Sommer geht das Grauen um im Gévaudan. Jeanne war Ende Juni die erste, ein Mädchen von 14 Jahren. Frühmorgens treibt sie die Herde auf die Hügel, sie kehrt nicht zurück. Ihr Leichnam ist grausam entstellt.
Im August stirbt ein 15-jähriges Mädchen, Ende des Monats ein Junge von 16. Im September wird erstmals eine erwachsene Frau angegriffen und erliegt grauenvollen Verletzungen. Die Bevölkerung ist in Angst, sie rotten sich zusammen, um auf Jagd zu gehen, auf etwas, das in den Wäldern haust.
Monstre
Im Oktober hält ein Militärkommandant in einem einzigen Wort fest, was alle fürchten: „Monstre“, eine Bestie.
Für den König im fernen Versailles erweist sich das Grauen in der Provinz als glückliche Fügung. Der siebenjährige Krieg ist vorbei, die Bestie bietet ein ideales Feindbild, das bei Hofe und in den Zeitungen den Platz einnehmen kann, den zu Kriegszeiten Englands und Preußen einnahmen. Der Monarch kann sich als fürsorglicher Beschützer der Landbevölkerung in Szene setzen. Die Menschen auf dem Lande, aus deren Aberglaube Angst erwächst, brauchen ihn.
Immer öfter wird die Bestie gesichtet, immer näher traut sie sich heran an die Behausungen der Menschen. Ludwig entsendet eine Drakoner-Einheit und den Louvetier Royal, den königlichen Wolfsfänger. Er zahlt ein Kopfgeld von 9.000 Livre, lässt Gelehrte debattieren, ob es sich um einen übergroßen Wolf oder eine mutierte Form einer Hyäne handelt.
Das Ungeheuer mordet weiter. In Saint-Alban entreißt die Bestie im März einen sechsjährigen Jungen vor den Augen seiner Mutter. Ein Jahr nach Beginn der Angriffe, nach Dutzenden von Toten, entsendet der König seinen Gewehrträger Francois Antoine.
Der erlegt im September 1765 in der Nähe von Saint-Julien-des-Chazes einen riesigen Wolf, dessen kräftiger Körper von zahlreichen Narben gezeichnet ist. Stolz kehrt Antoine zurück und schiebt das ausgestopfte Tier auf einem Holzgestellt in den großen Saal von Versailles. Der König entlohnt ihn und schenkt ihm einen toten Wolf, der fortan das Wappen der Familie Antoine zieren darf.
Eine Blutspur
Doch in die Wälder zieht keine Ruhe ein. Weihnachten schon ist die Bestie wieder da. Noch einmal zieht sich eine Blutspur durch das Gévaudan. Am Ende werden 102 Menschen grausam zerfleischt.
„Wenn ihr … nicht auf mich hören wollt, werde ich noch weitere Schläge über euch kommen lassen“, predigt der Bischof jetzt aus dem Leviticus. Die Behörden haben trotz weiterer zerfleischter Kinder das Interesse verloren Jean Chastel nicht. Ein Kneipenwirt. Ein Tagelöhner. Sein Vater ist Bauer aus der Gegend, er kennt das Elend, unter Feudalherrschaft zu leben, nicht frei zu sein, und wenigstens die Angst vor der Bestie will er seinen Kindern nehmen.
Chastel macht sich auf die Jagd, streift durch die Wälder bei Teynazére, um das Ungeheuer zu finden. Am Vormittag des 19. Juni 1767 trifft er auf ein Tier, dessen Beschreibung bis heute Rätsel aufgibt. Er tötet es.
Was es ist – unklar. Ob dieses eine oder mehrere, nicht sicher. Überliefert ist nur, dass Chastel keine Belohnung erhält. Und dass er sich in einer Zeit, in der sich die Bevölkerung auf dem Lande, langsam gegen den Klerus und die Feudalherren, gegen den König aufzulehnen beginnt, eine kleine Extravaganz erlaubte, die ihn zwei Wochen Zuchthaus kostet.
Die prächtig gewandeten Wildhüter, die der König nun zur Jagd auf die Bestie entsendet, kennen die Gegend nicht, ihre Eigenheiten und Gefahren. Prompt versinken sie mit ihren goldgeknöpften Mänteln im Moor. Chastel reitet vorbei, grüßt freundlich, und lässt sie versinken, im Morast.
Die Tochter des Henkers
Für das Mädchen, das zur gleichen Zeit in Strasbourg heranwächst, ist diese Geschichte noch zu aufregend, zu blutrünstig. Wer ihrem Lebensweg folgt, der 1761 im Elsass beginnt, spürt einer Zeugin nach, die den Kontinent sich wandeln sieht.
Marie Grosholtz folgt den Leuchtfeuern, die zur Moderne führen. Den Aufgeklärten nach, die binnen kurzem die alte Ordnung überrennen werden. Vorbei an brennenden Palästen. Bauern, die das Feudale, Bürgerliche, die das Falsche überwinden, einfache Frauen, die für Mehl und Menschenrechte eintreten wollen.
Das Haus, in das Marie hineingeboren wird, ist eine Familie von Henkern. Ihr Vater Johann ist einer und wie es üblich ist, wird der Beruf an die Söhne weitergereicht. Unschicklich wäre es, dereinst einen Ehemann in die Familie zu bringen, der kein Henker ist.
Das sieht auch ihre Mutter als den falsche Umgang für Marie an, und macht sich nach dem Tod des Vaters samt ihrer kleinen Tochter in die Schweiz auf. Philipp Wilhelm Matthias Curtius, ein Mann um die 40 vom Bodensee, stellt sie ein um seinen Haushalt in Bern zu führen. Marie darf ihn „Onkel“ nennen, vielleicht ist er auch ihr leiblicher Vater. Das kleine Mädchen macht sich Gedanken, mit welch geheimnisvollem Handwerk er sein Geld verdient. Eine Profession, die er abgeschottet in seiner Werkstatt verrichtet, offenbar gutes Geld einbringt, und in dann und wann ins Ausland reisen lässt.
Marie ist fünf, als der Onkel für eine längere Zeit weggeht. Ein Cousin des französischen Königs, so erklärt ihre Mutter, habe ihn nach Paris eingeladen. Zwei Jahre später holt Curtius Mutter und Tochter nach. Den wichtigsten Teil ihrer Kindheit wird sie an der Seine verleben. Bern, von dem sie später erzählen wird, dort geboren zu sein, ist schnell vergessen. Und auch Strasbourg, die Herkunft aus einer Familie von Henkern, liegt hinter ihr.
Von nun an kann sie sein, wer sie sein will. Und Marie will eine Frau werden, an die man sich erinnern wird.
Marie ist zehn, als sie sich für das geheimnisvolle Handwerk zu interessieren beginnt, das ihr Onkel ausübt. Die Metropole Paris ist zu ihrem neuen Zuhause geworden, in der er ihr eines Nachts die Geschichte einer mutigen Person erzählt. Diese ist Teil der großen Forschungsreise, die von Frankreich aus bis in die Paradiese der Südsee gelangen wird. Ausgerechnet dort wird ein Geheimnis aufgedeckt, das ihr Leben für immer verändern wird.
#106
Veröffentlicht: 18.07.2022
Länge: 11:35
Text: Carsten Schwecke
Musik: Nicholas Britell

Auf den Straßen von Paris herrscht Unruhe. Infolge der Wirtschaftskrise steigen die Lebensmittelpreise. Jetzt wollen sich die Menschen holen, was ihnen zusteht. In Versailles schwören sich die Stände, nicht auseinander zu gehen, bis das Land eine Verfassung hat, die dem König einen neuen Platz zuweist. Marie kann derweil im Palais Royal mit den Ereignissen kaum mithalten. Denn was die Stadt jetzt überwältigt, wird die Welt für alle Zeiten verändern. Es ist der 14. Juli 1789.
#107
Veröffentlicht: 25.07.2022
Länge: 11:31
Text: Carsten Schwecke
Musik: Nicholas Britell

Mit schwerem Herzen muss Marie Abschied von ihrem väterlichen Freund nehmen. Frankreichs neues Selbstbewusstsein hat in einen Krieg geführt, der ihn ganz und gar verschlingt. Marie denkt an Veränderungen und kommt mit einer Gruppe Menschen in Kontakt, die Geister beschwören, Tote erwecken und an verborgene Kräfte im Menschen glauben. Mit ihnen zusammen wird sie das Land verlassen. Mit einem Namen im Gepäck, der sie zur Legende macht.
#108
Veröffentlicht: 01.08.2022
Länge: 12:43
Text: Carsten Schwecke
Musik: Nicholas Britell

Ein Vierteljahrhundert lang reist Marie kreuz und quer durch das Königreich. Bis sie sich eines Tages in der Hauptstadt niederlassen wird, in der ihr eine junge Königin begegnet, die ein ganzes Zeitalter prägen wird. Am anderen Ende der Welt schließt der ehemals mächtigste Mann der Welt Freundschaft mit einem Mädchen. Eines, wie Marie einst eines war. Die der Spur des großen Herrschers bald nachspüren wird.
#109
Veröffentlicht: 04.08.2022
Länge: 13:55
Text: Carsten Schwecke
Musik: Nicholas Britell

"Packend"
"Ein Meisterwerk"
"Nie mehr Monopoly
ohne diese Geschichte"
"Fesselnd"
"Sehr lehrreich"
"Welch spannender
Fortsetzungsroman"