keckecast #87

Jan van Eyck


Es ist ein 21. Oktober, da Jan van Eyk den allerletzten Pinselstrich an ein Bild legt, das nur 33,3 x 25,8 cm groß ist – und dennoch die Welt der Kunst für immer verändern wird. arktanteil bei mechanischen



Zu sehen ist er selbst, wie er aus dem Dunkel der Hintergrundes auftaucht, gekrönt von einem roten Turban. Der blasse Mann um die 50 dreht sich ins Dreiviertel und tut nun etwas, worauf die Kunst 1433 Jahre nach der Zeitenwende warten musste. Jan van Eyck schaut aus dem Bild heraus, direkt in die Augen des Betrachters. Dies ist eines der allerersten Portraits der Kunstgeschichte.


Alles, was die Malerei bis dahin zeigte, war seltsam distanziert, entrückt, abgewandt. Doch jetzt kann man sich dem Blick nicht mehr entziehen, magnetisch schaut er seinem Betrachter direkt in die Augen. Es ist das Jahr, in dem er nach 15 Jahren Arbeit daran seinen Altar zu Gent fertiggestellt hat. Es ist das Jahr, in dem ein Haus in Brügge kauft. Und nachdem er sich von Befristung zu Befristung gemüht hat, wird seine Stellung als Kammerherr von Philippe le Bon nun endlich auf Lebenszeit gewährt und sein Gehalt aus diesem Anlass verdoppelt.


Gute Vorzeichen, die Jan nun sogar zum Äußersten bringen: Ebenfalls 1433 ehelicht er Margareta und hat damit, in diesem Jahr 1433, alles erledigt, was man sich so vornehmen kann.

Ein Jahr später bittet ihn ein anderer, eines dieser neumodischen Portraits von der eigenen Eheschließung anzufertigen. Die Arnulfini-Hochzeit entsteht 1434 in Brügge und ist ein kleines Meisterwerk voller raffinierter Details.


Das fängt bei den Händen an. Der stolze Bräutigam hebt die rechte Hand zum Schwur, die linke hat er gönnerhaft geöffnet, sodass seine Braut ihre Hand ihre Rechte darauf ablegen und sich hingeben kann. Für Betrachter der Zeit ein klares Zeichen: Hier heiraten zwei aus unterschiedlichen Ständen.

Bunte Glasfenster, Pelze, Teppiche, nicht zuletzt Orangen in einer Schale machen deutlich: Hier heiratet ein wohlhabender Mann. Da kann es kein Zufall sein, dass ein Hund – das Symbol für Treue in der Ehe – ausgerechnet zu Füßen der Braut lümmelt, als freundliche Erinnerung sozusagen. Denn die Ehe ist etwas Heiliges, was der geübte Betrachter schon daran sieht, dass man selbst auf Holzdielen seine Pantoffeln auszuziehen hat, sie stehen in der Ecke, wann immer ein heiliger Boden nach Definition des Alten Testaments, in Nähe kommt.


Im Hintergrund schließlich ist ein Hexenspiegel zu sehen, ein Rundspiegel, weil man zu dieser Zeit noch nicht in der Lage ist, Kristallglas eben zu verarbeite. Darin spiegeln sich weitere Personen, die offenbar der Hochzeit beiwohnen, wer genau, bleibt aber unbekannt.


Doch van Eyck wäre nicht der Überväter der flämischen Malerei gewesen, wenn er nicht ein letztes kleines Detail versteckt hätte. Wer in London ganz nah ran geht, kann es sehen. Über dem Spiegel steht in winzig kleinen Buchstaben, wer der geheimnisvolle Zeuge der Hochzeit war. Johannes de Eyck fuit hic. Jan van Eyck war hier. 

#87

Staffel: 4

Veröffentlicht: 7. Februar 2022

Länge: 06:31

Text: Carsten Schwecke

Musik: Nicholas Britell



keckecast #88

Herlinde Koelbl


Es dauert ein wenig, bis es vorbei ist mit Herrlichkeit. Jahrhundertelang haben sich nach Eycks Vorbild Herrschende inszenieren lassen. Heilige und Kirchenfürsten, Könige und Kaufleute haben sich portraitieren – und damit inszenieren - lassen, wie sie von der Nachwelt gesehen werden wollen. 566 Jahre später findet eine Frau aus Bayern, dass es mal vorbei sein kann mit der Inszenierung von Macht – und erstellt Bilder von Mächtigen, wie sie sch über die Jahre verändern.


Herlinde Koelbl ist gelernte Modedesignerin, das Fotografieren hat sie sich sebst beigebracht und es dauert fast vierzig Jahre, bis sie aus ihrere Passion ein Projekt macht. 1980 fotografiert sie deutsche Wohnzimmer und zeigt allen Muff und Bohnerwachs, der aus der Nachkriegszeit noch hängen geblieben ist. Es folgen Fotoprojekte über Männer und starke Frauen und jüdische Biografien in einem erwachsen werdenden Deutschland.


Ihre Spezialität ist nicht das Foto an sich, sondern die Auseinandersetzung mit der Person, ihrer Geschichte. Stundenlange Interviews gehen den Fotoaufnahmen voraus, aus denen mit der Zeit eigene, beeindruckende Dokumentarfilme werden. In der noch jungen Berliner Republik widmet sie der Hauptstadtpresse ein anderes Projekt. Die leidvolle Wechselbeziehung zwischen jenen, die dokumentieren, hinterherlaufen, fotografieren und denen, die fotografiert, abgeschossen, inszeniert werden, nennt sie treffend „Die Meute“.

Doch ein Kernstück ihrer Arbeit ist eine Langzeitstudie, die der Frage nachspürt, wie sich ein Mensch durch ein Amt verändert. „Spuren der Macht“ dokumentiert 15 Vertreterinnen aus dem Spitzenpersonal der Republik über den Zeitraum der Neunziger Jahre hinweg. Joschka Fischer, wie er von einem beleibten Vertreter der Toskana-Fraktion zum beliebten, gertenschlanken ersten grünen Außenminister wird. Gerhard Schröder, auf dem Weg vom „Acker von nebenan“ zum Kanzler im italienischen Maßanzug. Dazu Heinrich von Pierer, Frank Schirrmacher und andere.


Und auch eine junge Politikerin, Regierungssprecherin der letzten DDR-Regierung, mit fragwürdiger Frisur, zunächst völlig unverblümt, auf dem Weg in die Geschichtsbücher. Angela Merkel wurde von Koelbl über einen noch längeren Zeitraum begleuetet, bis zum Ende ihrer Kanlerschaft hat sie die Fotografin immer wieder getroffen, Portraitfotos anfertigen lassen. Eine Gesichte über das Amt, die man nicht inszenieren kann. Über den Preis der Macht. Über den Menschen, der dem ausgesetzt ist. Eingefangen und erzählt von Herlinde Koelbl. 

#88

Staffel: 4

Veröffentlicht: 10. Februar 2022

Länge: 05:36

Text: Carsten Schwecke

Musik: Nicholas Britell



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