keckecast #36

Charles & Ray Eames


Autokinos, Beschulung und Hamsterkäufe kannten wir schon. Aber das Jahr 2020 hat uns reich beschenkt und unseren Wortschatz sattsam erweitert. Begriffe wie Abstandregel oder Beherbungsverbot, Lockerung, Rückholaktion oder vulnerable Gruppe werden für die Nachwelt wohl rätselhaft bleiben. Und es bleibt zu hoffen, dass in 50 oder 70 Jahren auch bergessen ist, was ein Corona-Leugner der ein Aluhutträger war.

Doch es wird auch einen Begriff geben, den wir immer mit diesem Jahr verbinden werden: Home Office.


Millionen Menschen auf der Welt haben von zuhause aus gearbeitet. Millionen Quadratmeter Büroflächen verloren ihren Zweck. Dabei ist das an sich keine neue Idee. Der Papst zum Beispiel wohnt schon set 500 Jahren direkt über dem Betrieb und ist immer noch im Dienst, wenn er gerade mal oben ist.

Was das für modernes Wohnen bedeutet, hat auch John Entenza interessiert. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gab es überall auf der Welt eine Aufbruchsstimmung, eine Lust aufs Ausprobieren und Experimentieren. Dazu kam der Bedarf von Millionen aus dem Krieg zurückkehrenden Soldaten, ein erschwingliches, aber doch modernes Heim zu finden.


Entenza, der Herausgebe des „Arts & Architecture Magazines“, rief einen Wettbewerb aus, vor Ort in Kalifornien an den Wohnformen der Zukunft zu basteln und lud die besten Kreativen seiner Zeit ein, sich zu beteiligen. 36 so genannter Case Study Houses wurden zwischen 1945 und 1966 entworfen und der Großteil auch gebaut. Von Eero Saarinen. Von Richard Neutra. Von Craig Ellwood. Von Pierre Koenig. Und von Charles und Ray Eames.


Auf einem wunderschön auf einer Anhöhe über dem Meer gelegenen Grundstück am Chautauqua Boulevard in Pacific Palisades bauten sie das Case Study House Nummer 8, das Eames Haus. Und das gelang ihnen so gut, dass sie gleich selbst einzogen. Zu Weihnachten im Jahr 1949. Bis zu Rays Tod im Jahr 1988 lebten und arbeiteten sie dort. Und sparten sich zuweilen die rund fünf Meilen weite Fahrt zum Eames Office in Venice. Home Office eben.


Das Eames House besteht aus zwei, einander zugewandten Gebäuden, mit großen Glasflächen und Flachdächern. Im größeren der beiden wohnten sie auf zwei Etagen. Im kleineren, fast baugleichen, arbeiteten sie und nannten es „Eames Studio“. Hier wurden sie zu Design-Ikonen.


Die Gebäude sind heute noch so erhalten, wie sie in den 1980ern verlassen wurden, und heute nur Mitgliedern der Eames Foundation zugänglich. Wenn man im Eames Studio steht, atmet man den Geist jahrzehntewährender Schaffenskraft. Die vielen Entwürfe, die gezeichnet, ausprobiert, verworfen wurden, und erhält zum Abschluss des Besuchs eine kleine Metallkugel in die Hand. Dann steht man auf der offenen Galerie des Studios und realisiert, dass sich ein Geflecht aus Holzplatten in Gestalt eines Turmes, nach unten erstreckt. Es ist der Prototyp des Eames Musical Towers, eine Art vertikales Xylophon, in das man oben die Metallkugel einsetzt und die sich dann über fünf Meter ihren Weg über metallische Verästelungen und hölzerne Plättchen nach unten bahnt. Die Schwerkraft schreibt eine Melodie des Zufalls. Und wenn man genau hinhört, dann ist Weihnachten jetzt ganz nahe.

#36

Staffel: 2

Veröffentlicht: 22. Dezember 2020

Länge: 7:16

Text: Carsten Schwecke

Musik: Nils Frahm




"Mehr davon"


"Man merkt, dass es eine Herzensangelegenheit für dich ist"


"Eine tolle Weihnachtsfolge - mein Lichtblick im Corona-Jahr"

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